[edit] [comment] [remove] |2006-03-06| e4 # Bewegungsgleichung

Punktbahn

Um die Bewegung eines Punktes zu beschreiben, beziehen wir uns auf ein nicht bewegtes1Da es ein absolut ruhendes Bezugssystem nicht gibt, einigen wir uns auf ein nicht beschleunigtes Inertialsystem. kartesisches Koordinatensystem.

Punktbahn
Darin hat der Punkt den Freiheitsgrad f = 2 in der Ebene und f = 3 im Raum.
Im Verlauf der Zeit ändert sich die Position p des Punktes und beschreibt so die Bahn r(t).
Unter Verwendung von Polarkoordinaten (r,φ) läßt sich der Ortsvektor des Punktes p formulieren als

r = r cosφsinφ  = r·er

Bahn eines Punktes

  • r = r·er mit
    r = Abstand des Punkts vom Koordinatenursprung
    er = Einheitsvektor des Ortsvektors r

Punktgeschwindigkeit

Als Geschwindigkeit des Punktes p ist dessen Lageänderung Δr während des Zeitintervalls Δt definiert.

r =  limΔt→0 ΔrΔt = drdt

Im Grenzübergang ist die Geschwindigkeit r demnach die zeitliche Ableitung2Wir folgen der allgemeinen Konvention und kennzeichnen Ableitungen nach der Zeit mit einem über die betreffende Größe gesetzten Punkt. des Ortsvektors r eines Punkts p. Die Geschwindigkeit ist ebenfalls ein Vektor.
Um dessen Größe und Richtung näher zu untersuchen, benutzen wir die obige polare Schreibweise des Ortsvektors und erhalten nach der Produktregel

r = r·  cosφsinφ  + r· −sinφcosφ  ·φ

Wir formulieren unter Verwendung des Einheitsvektors er die

Geschwindigkeit eines Punktes

  • r = r·er + r·φ·er^ mit
    r = Abstand des Punktes vom Koodinatenursprung
    r = radiale Abstandsänderungsgeschwindigkeit
    φ = Winkelgeschwindigkeit
    er = Einheitsvektor des Ortsvektors r

Punktgeschwindigkeit Der Geschwindigkeitsvektor r wird im zugehörigen Punkt p angetragen und hat die Richtung der Bahntangente in diesem Punkt. Die Geschwindigkeit besteht aus einer radialen Komponente r·er in Richtung des Ortsvektors r und aus einer zirkularen Komponente r·φ·er^ senkrecht dazu. Die Dimension der Geschwindigkeit ist [Länge/Zeit] mit der gebräuchlichen Einheit [ms] . Im Straßenverkehr wird üblicherweise [kmh = 1000m3600s = 0.278 ms] verwendet.

Punktbeschleunigung

Um zur Beschleunigung zu gelangen, differenzieren wir die Geschwindigkeit erneut.

r•• = r•• ·  cosφsinφ  + r · −sinφcosφ  · φ + r · −sinφcosφ  + r · −sinφcosφ · φ•2 + r · −sinφcosφ  ·φ••

Mit er erhalten wir die

Beschleunigung eines Punktes

r•• = (r•• − r·φ•2)er + (r·φ•• + 2r·φ )er^

mit

r•• = Radialbeschleunigung
•2 = Zetripedalbeschleunigung
= Zirkularbeschleunigung
2r·φ = Coriolisbeschleunigung

Die Dimension der Beschleunigung ist [Länge/Zeit2] mit der gebräuchlichen Einheit [ms2] . Da wir im allgemeinen keine recht gute Vorstellung von Beschleunigungen haben, verwenden Autohersteller die Geschwindigkeitsänderung Δv und die benötigte Zeit Δt um die mittlere Beschleunigung a = ΔvΔt zu veranschaulichen, also "beschleunigt von 0 auf 100 km/h in 12s".
Bevor wir auf die allgemeine Punktbewegung näher eingehen, insbesondere die einzelnen Geschwindigkeits- und Beschleunigungskomponenten untersuchen, sollen zunächst zwei wichtige Sonderfälle betrachtet werden:

  • geradlinige Punktbewegung
  • Kreisbewegung des Punktes
 

[edit] [comment] [remove] |2006-03-02| e2 # Geradlinige Punktbewegung

 

image027.gif
Zur Untersuchung der linearen Punktbewegung wollen wir den Koordinatenursprung auf die betreffende Gerade und die x-Achse in Geradenrichtung legen. Unter dieser Voraussetzung vereinfachen sich Beziehungen des vorherigen Abschnitts für Position, Geschwindigkeit und Beschleunigung zu

r = x·ex
r = x·ex = v·ex
r•• = x••·ex = a·ex

Die zirkularen Komponenten (alle Glieder mit φ) verschwinden dabei.
Offensichtlich können wir zudem auf den vektoriellen Character verzichten und die kinematischen Funktionen als skalare Beziehungen behandeln. Dabei bevorzugen wir die Bezeichnung Weg s anstelle der x-Koordinate.

Geradlinige Punktbewegung

s=s(t) (Weg)
v = s(t) (Geschwindigkeit)
a = s••(t) = v(t) (Beschleunigung)

Wenn bei einer geradlinigen Bewegung 3Diese Beziehungen werden auch auf geführte Bewegungen angewandt, deren Verlauf zwar nicht geradlinig ist, wo jedoch lediglich Geschwindigkeit und Beschleunigung in Führungsbahnrichtung interessiert. der Weg als Funktion der Zeit bekannt ist, lassen sich Geschwindigkeit und Beschleunigung durch einfache, aufeinanderfolgende Differentiation ermitteln. Dummerweise ist bei praktischen Problemstellungen meist eine Aussage über die Beschleunigung gegeben.

Konstante Geschwindigkeit

Unter der Voraussetzung a=0 muß gelten v(t)=v0.

Eine solche Bewegung mit konstanter Geschwindigkeit heißt gleichförmige Bewegung. Den Weg erhalten wir durch Integration von

dsdt = v0

mittels Trennung der Variablen

∫ds = v0·∫dt
s = v0·t+c1

und Definition der Anfangswerte s0, t0 die Integrationskonstante

c1 = s0 − v0·t0

gleichförmige Bewegung eines Punktes

s = s0 + v0·(t − t0)
v = v0
a = 0

Konstante Beschleunigung

Für die gleichmäßig beschleunigte Bewegung gilt a(t)=a0. Wir beginnen die Zeitmessung zum Zeitpunkt t0. Zu dieser Zeit besitzt unser Punkt die Anfangsgeschwindigkeit v(t=t0)=v0 und einen Anfangsweg von s(t=t0)=s0.
Durch Integration von

s••(t) = dvdt = a0

erhalten wir nach einer Trennung der Variablen

v = a0·t+c1

mit

v0 = a0·t0+c1

gilt für die Geschwindigkeit

v(t) = v0+a0(t − t0)

Nochmalige Integration von

v(t) = dsdt

ergibt

s = v0·t+12·a0·t2 − a0·t0·t+c2

und liefert für t = t0 den Anfangswert

s0 = v0·t0+12·a0·t20 − a0·t20+c2

und damit den Weg zur Zeit t

s(t) = v0(t − t0)+12·a0(t − t0)2

gleichmäßig beschleunigte Bewegung eines Punktes

s(t) = v0(t − t0)+12·a0(t − t0)2
v(t) = v0+a0(t − t0)
a(t) = a0

Gleichförmige Beschleunigungen spielen in der Natur (freier Fall) und der Technik (Antriebe) eine bedeutende Rolle.

 

[edit] [comment] [remove] |2006-02-20| e1 # Kreisbewegung des Punktes

 Die Punktbewegung auf einer Kreisbahn ist ein praktisch bedeutsamer Sonderfall der allgemeinen Bewegung des Punktes.

image050.gif
Zur Bewegungsbeschreibung legen wir zulässigerweise den Ursprung des Bezugskoordinatensystems in den Kreismittelpunkt. Dadurch bleibt der Betrag von r während der Kreisbewegung konstant. Aus den Beziehungen für Geschwindigkeit und Beschleunigung der allgemeinen Punktbewegung verschwinden daher alle Komponenten mit r und r•• . Speziell bei der Kreisbewegung hat sich zudem die Bezeichnung ω für die Winkelgeschwindigkeit φ durchgesetzt.

Kreisbewegung des Punktes

r = r·er (Position)
r = r·ω·er^ (Geschwindigkeit)
r•• = − r·ω2·er + r·α·er^ (Beschleunigung)

mit

r·ω = Umfangsgeschwindigkeit
r·ω2 = Normalbeschleunigung
r·α = Umfangsbeschleunigung (Zirkularbeschleunigung)

Ein Punkt p auf dem Kreisumfang hat eine Geschwindigkeit vom Betrag r·ω, die in Richtung der Kreistangente in p verläuft (r^). Bei einer Änderung der Winkelgeschwindigkeit ω erfährt der Punkt p eine Umfangsbeschleunigung r·ω ebenfalls in tangentialer Richtung. In jedem Fall wirkt auf den Punkt p eine Normalbeschleunigung r·ω2 , die zum Kreismittelpunkt hin gerichtet ist4Zentripetalbeschleunigung, korrespondierend zur entgegengerichteten Zentrifugalkraft, die den Punkt vom Mittelpunkt wegzieht.. image063.gif image064.gif









Die Winkelgeschwindigkeit wird üblicherweise in der Einheit s−1 angegeben. Dies ist implizit als rads zu lesen und bedeutet, daß bei ω = 1s−1 ein Winkel von 1rad = 180°/{π} ≈ 57 pro Sekunde überstrichen wird.
In der Praxis wird häufig die Drehzahl n zur Bemessung der Winkelgeschwindigkeit verwendet und legt - im allgemeinen - die "Anzahl Umdrehungen pro Minute [Umin] " fest. Es gilt hierbei der

Zusammenhang zwischen Winkelgeschwindigkeit und Drehzahl5Beachte: Es ist hier keine Umrechnung von min in s enthalten.

ω = 2π·n

mit

ω = Winkelgeschwindigkeit
n = Drehzahl

Bei konstanter Winkelgeschwindigkeit läßt sich der zurückgelegte Winkel durch die Differenzen ermitteln

ΔφΔt = ω
Δφ = φ(t) − phi0 = ω·Δt

Winkel bei konstanter Winkelgeschwindigkeit

φ(t) = phi0 + ω·(t − t0)

Häufig interessiert uns ausschließlich die tangentiale Bewegung eines Punktes auf der Kreisbahn.
Der Weg, den der Punkt auf dem Kreisumfang zurücklegt, gehorcht der bekannten Beziehung

s = r·φ

mit dem zurückgelegten Winkel φ in [rad].
Durch Differentiation erhalten wir die skalaren kinematischen Gleichungen der

Umfangsbewegung des Punktes auf dem Kreis

s = r·φ
v = r·ω
a = r·α
 

[edit] [comment] [remove] |2006-05-31| e5 # Kinematische Diagramme

In der Technik (z.B. bei Transportvorgängen) haben wir es oft mit zusammengesetzten einfachen Bewegungen zu tun. Diese gehorchen häufig abschnittsweise den in den vorangegangenen Kapiteln beschriebenen Gesetzmäßigkeiten.
Zur Veranschaulichung stellen wir die Bewegungsabläufe in sogenannten Bewegungsdiagrammen dar.
Gebräuchlich sind hierbei Diagramme über

  • der Zeit, s(t); v(t); a(t)-Diagramme
  • dem Weg, v(s); a(s)-Diagramme

Bevor wir anhand eines Beispiels die Vorgehensweise näher beleuchten, wollen wir eine Berechnungstabelle für die kinematischen Größen t, s, v und a aufstellen. Dabei beschränken wir uns auf den speziellen, aber praktisch bedeutsamen Sonderfall a=const.
Zunächst formulieren wir die Bewegungsgleichungen der gleichmäßig beschleunigten Bewegung in der Differnzenschreibweise.
Mit

Δt = t − t0
Δs = s − s0
Δv = v − v0
Δa = a − a0

schreiben wir die

gleichmäßig beschleunigte Bewegung in Differenzenschreibweise

Δs = v0·Δt + 12·aΔt2
Δv = a·Δt
Δa = 0

Für 4 Differenzen stehen insgesamt 2 Gleichungen zur Verfügung (die dritte ist recht nutzlos). Damit lassen sich mit zwei gegebenen Größen aus

Δt, Δs, Δv, a

die restlichen beiden ermitteln.
So erhalten wir beispielsweise Δv und a aus gegebenen Δs und Δt mittels

Δv = 2(ΔsΔt − v0)
a = 2(ΔsΔt2v0Δt)
ΔtΔsΔva= const.
2)2)2(ΔsΔt − v0)2(ΔsΔt2v0Δt)
2)(v0 + 12·Δv)Δt2)ΔvΔt
2)v0·Δt + 12·aΔt2a·Δt2)
Δsv0 +12·Δv2)2)(v0 + 12·Δv)ΔvΔs
− v0 + √(v0 + 2aΔs)a(Δsv0 für a = 0)2)− v0 + √(v20 + 2aΔs)2)
Δva1)(v0 + 12·Δv)Δva1)2)2)
1) nicht gültig für a = Δv = 0
2) gegebene Größen
v0 als Anfangsbedingung oder vom vorhergehenden Bewegungsabschnitt bekannt.

Von den vier kinematischen Größen Δt, Δs, Δv, a genügen 2, um die beiden restlichen zu ermitteln.
Für die Bewegungsabschnitte in einem kinematischen Diagramm sind damit zunächst die Übergangswerte zu bestimmen. Die Anfangswerte sind grundsätzlich vorzugeben.

Ausgehend von bekannten Anfangswerten

t0, s0, v0, a0

können wir sukzessive die Übergangswerte

ti+1, si+1, vi+1, ai+1

mittels der bekannten Differenzen des Bewegungsabschnitts i mittels

ti+1 = ti + Δti
si+1 = si + Δsi
vi+1 = vi + Δvi

ermitteln, da wir für Weg und Geschwindigkeit grundsätzlich stetige Funktionen über der Zeit erhalten (die Zeit selbst ist ohnehin monoton steigend). Die Beschleunigung ist dagegen konstant während eines Beschleunigungsabschnitts und ändert sich dazwischen sprunghaft.
Die Bewegungsgrößen innerhalb eines Abschnitts ergeben sich dann aus

s(t) = si + vi (t − ti) + 12·ai(t − ti)2
v(t) = vi + ai(t − ti)
a(t) = ai

Die Vorgehensweise sei an einem Beispiel näher erläutert.